Chaostage
Leseprobe

Broschur
220 Seiten
13,90 €(D)
ISBN 978-3-931555-65-8

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Chaostage

Moses Arndt

»Chaostage« erzählt ein Stück erlebte Punkgeschichte und ist dabei selbst schon Punkgeschichte geworden.

Irgendwo in Deutschland, mitten im Sommer an einem ganz normalen Wochenende: Nazis, Punks, Skins, Autonome und Bullen treffen aufeinander – die Lage eskaliert, »Chaostage« halt. Völlig frei vom Jargon hornbebrillter Soziologen erzählt Moses Arndt vom Alltag der Subkultur fernab jeglicher medialer Betroffenheit. Dank expliziter Inhalte (Sex und Gewalt!) und einem Maximum an Szenenähe ist »Chaostage« ungefiltertes Lesevergnügen – denn merke: Wut schreibt immer noch die besten Texte!

Die Verfilmung des Romans kam 2008 unter der Regie von Tarek Ehlail in die Kinos. Neben einer Riege von prominenten Leinwandgrößen – Stipe Erceg, Claude Oliver Rudolph, Ben Becker, Martin Semmelrogge, Rolf Zacher und und und – kommen auch einschlägige Szenegrößen und -bands ins Bild und zu Wort: Slime, Toxoplasma, Karl Nagel, Willi Wucher … – Punkspaß für die ganze Familie eben.

Die Presse

»Bislang ist es der definitive deutsche Punkroman schlechthin.« (Plastic Bomb)

»Vergesst Tarantino, hier kommt das Leben! Die Geschichte ist eine Verkettung all dessen, was unter Punk assoziiert wird, in einer wunderbar direkten Sprache geschrieben mit dem Flair des authentisch nicht Authentischen.« (BiBaBuZe)

»Moses Arndt nimmt in Chaostage kein Blatt vor den Mund. Zynisch und provozierend prangert er die Gesellschaft an. Mit Erfolg.« (taz)

Leseprobe

Seitdem er sich nicht mehr hundertprozentig an die »Kleiderordnung« hielt, sondern mit seiner schwarzen Bomberjacke und der harmlosen blonden Struppifrisur eher unauffällig wirkte, im Straßenbild bestenfalls noch von Insidern als Autonomer wahrgenommen werden konnte, wurde er von den anderen nicht mehr akzeptiert. Es kriselte in der Clique, die soviel zusammen erlebt und bis vor kurzem sogar zusammen gewohnt hatte.
Vor allem Kralle und Nudel machten bei jeder sich bietenden Gelegenheit spitze Bemerkungen bezüglich seines Outfits.
Ihm dagegen ging das aufwendige akkurate Styling, das ewige Cool-aussehen-und-wirken-wollen, dieser ganze äußerliche Dreck der anderen völlig auf den Senkel, genau wie das seiner Meinung nach nicht wirklich vorhandene politische Bewußtstein seiner Kumpels.
Klar, am Anfang hatten sie einen gemeinsamen Nenner. Dieser Nenner hieß »dagegen«. Aber es mußte doch noch mehr da sein, als einfach nur dieses zu Beginn zugegebenermaßen ziemlich ausfüllende und ohne Frage auch Spaß und Befriedigung bringende »Dagegen sein«. Irgendwo da draußen mußte etwas existieren, eine Utopie, eine Lösung, ein Ziel, auf das man zusteuert.
Um sich allerdings in falschen Hoffnungen zu wiegen, irgendwelchen Tagträumen nachzuhängen oder sich gar in den tristen Niederungen der Realität zu verlieren und sich für eine der existierenden politischen Parteien zu engagieren, um diese kaputte Gesellschaft mit jugendlichem Elan und unzerstörbarem Idealismus auf den richtigen Weg zu führen, dafür war Mitch zur falschen Zeit geboren. Er hatte zwar Ideale, aber er wußte, er spürte, daß diese niemals zu verwirklichen waren. Andere und wahrscheinlich sogar bessere hatten es vor ihm versucht.
Er hatte die Gnade der späten Geburt, und er haßte neben seinen Erzfeinden, den Konservativen und den Nazis, den gedankenlos vor sich hinvegetierenden Konsumenten, den braven Bürger, der alles, aber auch wirklich alles, mitmachte, vor allem die Hippies, wobei Hippies ein weit gespannter Begriff war.
Er verachtete sie, weil sie den Kampf, den sie einst angezettelt hatten, ohne jeden Stil aufgegeben hatten.
Diese Pseudorebellen waren seiner Meinung nach alle schon assimiliert, noch bevor sie sich überhaupt die Haare hatten wachsen lassen.
Die 68er waren in seinen Augen die letzten Lutscher, die Grünen nichts weiter als ein dekadenter Haufen Verräter und Müslifresser.
Die Landfreaks, die irgendwo in ihren Kommunen, in ihren Reservaten, in ihren Selbstfindungsseminaren vergammelten, waren nicht mehr als ein schlechter Witz und bestenfalls das gute Gewissen einer intoleranten Gesellschaft, die solch lächerliche Waldschrate nur deswegen existieren ließ, um sich und der Welt zu beweisen, wie liberal sie heutzutage war.

SO36
Wir müssen hier raus!
testcard #25: Kritik