Ausschuss
Roman
Ein beinamputierter Drogenhändler mit Drang zum Vorruhestand, ein schmalbrüstiger Jungspund mit Hang zu groben Frauen, eine Amazone mit Kopfnussqualitäten – alle drei vom Pech gut bedient, auf dem Weg Richtung Verfallsdatum – das sind die Hauptfiguren in Jan Offs großem Roman.
In der namenlosen Großstadt, in der »Ausschuss« spielt, zeigt sich die Welt von ihrer unangenehmsten Seite. Hier ist der Titel Programm: Die Menschen, die sich darin bewegen, haben sich längst abgekoppelt von irgendeiner Normalität, die nicht einmal mehr als Hintergrund auftaucht: Schlägereien in Diskos und hinter Müllcontainern, Betrug und Gegenbetrug, Drogendeals und Sex, das Leben der Drei ist gleichermaßen abgründig wie gefährlich. Einmal mehr lässt Trashikone Off gut abgehangene Verlierer zum bizarren Überlebenstraining antreten. Und einmal mehr gilt: Den anderen beim Scheitern zuzusehen, ist immer erhebend.
Die Presse
»Verpeilte Typen, Drogen, Überfälle und Dreck – all das macht ›Ausschuss‹ zu dem Buch, vor dem uns unsere Eltern immer gewarnt haben.« (Goon-Magazine)
Burkhard war mit einem Satz aus dem Schlafsack.
»Scheiße!« brüllte er. »Das sind meine Alten. Los, anziehen!«
»Hey, warum denn die Hektik?« Irina starrte ihn schlaftrunken an.
»Hast du nicht gehört?! Meine Alten kommen!« Burkhards Stimme überschlug sich beinahe.
»Ja, und?!« Irina richtete den Oberkörper auf und griff sich ihr T-Shirt.
Ausnahmsweise ging Burkhard der Anblick ihrer Brüste am Arsch vorbei. Er kämpfte mit seinen Jeans, während er erleichtert registrierte, daß sogar Plagge in seine Klamotten stieg.
Als es an der Wohnungstür klingelte, waren sie alle drei mehr oder minder bekleidet, aber zum Aufräumen blieb natürlich keine Zeit.
»Am besten, ihr haut gleich ab.« Gequält warf Burkhard einen letzten Blick auf das ihn umgebende Chaos. Dann ging er öffnen.
»Junge, zum Glück ist dir nichts passiert!« Er konnte es nicht verhindern, daß ihn die mütterlichen Arme fest umschlangen.
Sein Alter zeigte sich weit weniger erleichtert. Er hatte bereits das Kriegsbeil ausgegraben.
»Burkhard, deine Mutter hat sich Sorgen gemacht. Wir haben uns Sorgen gemacht.« Er steuerte aufgebracht durch den Flur – ganz der rechtschaffende Weltenlenker, den ein paar nichtswürdige Drohnen aus unaufschiebbaren Amtsgeschäften gerissen hatten. »Ah, und Sie müssen der unmögliche Mensch sein, der meine Frau gestern am Telefon erschreckt hat.« Offenbar hatte er Plagge entdeckt. »Darf ich Sie fragen, mit welchem Recht Sie sich hier aufhalten?«
»Ich bin der Bewährungshelfer ihres Sohnes.«
»Wie bitte?«
»Na, ich kümmere mich darum, daß er sein Drogenproblem in den Griff bekommt.«
»Raus!« brüllte Burkhards Vater. »Raus! Aber sofort!«
»Komm, laß uns abhauen.« Das war Irinas Stimme.
Burkhard war es endlich gelungen, sich aus der mütterlichen Umklammerung zu befreien. Und so konnte er mit ansehen, daß Plagge der Anweisung tatsächlich Folge leistete und sich, wenn auch widerstrebend, Richtung Ausgang schieben ließ. Natürlich kam er um eine letzte Bemerkung nicht herum: »Ihr Sohn bläst wirklich gut. Das muß er von Ihnen haben«, spottete er im Vorbeigehen. Und an Burkhard gewandt: »Nachher rauchen wir noch ’n schönes Blech zusammen, Freddy.«
»Himmel, Junge, was waren das bloß für Menschen?« stöhnte sein Alter, nachdem die Tür ins Schloß gefallen war. »Erzähl mir nicht, daß das Studienkollegen sind.«