Lazy Confessions
Artikel, Interviews und Bekenntnisse aus zwei Jahrzehnten
»Schön wäre, mal wieder Texte zu lesen – sei es über zeitgenössische Kunst, sei es über Städtebau, über das Verhalten von Fußballfans oder meinetwegen auch nur über eine neue CD der Pet Shop Boys –, die ganz ohne die üblichen Zitate und Verweise auskämen und sich ganz dem darin behandelnden Phänomen widmen würden«, hat Martin Büsser kurz nach der Jahrtausendwende in der Zürcher »Fabrikzeitung« gefordert. »Und zwar nicht im Sinne journalistischer Gebrauchstexte, sondern im Sinne eines intellektuellen Hinterfragens, das stets Gesellschaft- und Kulturkritik mit bedenkt.«
Weil solche Texte rar sind, hat der 2010 verstorbene Autor, Musikjournalist, Verleger und Musiker das Schreiben kurzerhand selbst übernommen und sich in den zwei Jahrzehnten seines Schaffens zu einer der wichtigsten kritischen Stimmen der deutschen Popkritik entwickelt. Diese Stimme ist vor zehn Jahren verstummt, die Lücke ist nach wie vor spürbar. »Seine Haltung, sein Denken, seine Texte würden heute dringend gebraucht«, hat Julian Weber in der »taz« anlässlich von Martin Büssers 50. Geburtstag 2018 geschrieben. Das gilt auch 2020 nach wie vor.
Anlässlich des 10. Todestages erscheinen daher gesammelte Artikel und Interviews, die einmal mehr die Vielseitigkeit von Martin Büsser zeigen, der nicht nur über Musik, sondern eben auch über Literatur, Film oder Kunst ebenso kluge wie kritische und vor allem bis heute lesenswerte Texte verfassen konnte. Daher stehen in diesem Buch Texte über Hubert Fichte, Ronald M. Schernikau und Stanislaw Lem neben solchen über Nirvana, Rammstein und Iannis Xenakis, Fluxus, Splatterfilme oder avantgardistische Aspekte der Popkultur.
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DIE WAHL DER WAFFEN – WÜTENDE TEXTE
Punk 2000. Eine Nestbeschmutzung
Die Performanz des kontrollgesellschaftlichen Spektakels. Wie Theorie-Jargon mit Intellektualität verwechselt wird
Der Springsteen-Effekt und das profane Provokationsmodell Pop
Zwischen Hochwasser und Flachdenkern. Jahresrückblick 1993
Im Gewand der Neuen Musik. Rammstein
Political Suspectness
Die Sterne. Fickt das System!
Die Wahl der Waffen. Zur Notwendigkeit linker Militanz
MUSIK FÜR’S HERZ – INTERVIEWS I
Mrs. Courfreylove. Ein Gespräch mit Courtney Love
Musik für’s Herz. Pavement im Interview
VON ZUWEISUNGEN BEFREITE MENSCHEN – CREATIVE OUTLAWS UND MÖGLICHKEITSFORMER
Gegen die Norm – für ein besseres Leben
Lazy Confessions. The Moldy Peaches
Der von Zuweisungen befreite Mensch. Hubert Fichte
Traurig in Oppenheim. The Magnetic Fields: 69 Love Songs
»ich glaube nicht, dass man recht haben muss«. Über Ronald M. Schernikau
»Krieg ist vorbei …« Fugazi und The (International) Noise Conspiracy im Gespräch
Sprache der Empörung. Thomas Harlans »Heldenfriedhof«
Iannis Xenakis. 1922–2001
Tricky Pop. Ween
Radikal-House. Armando
Across the Border and In-Between – Tom Cora. Wer spielt jetzt das Cello?
Möglichkeitsformer. Über Stanislaw Lem
EINE EIGENE SPRACHE – INTERVIEWS II
»Lick My Pussy, Eddie van Halen«. Sylvia Juncosa im Gespräch
Rootless Cosmopolitans. Marc Ribot
EINE PAPPNASE IN DER NEUEN WELT – ON THE ROAD
Auf dem Weg zum »coolsten Plattenladen von Istanbul«
Once Upon A Time In The West. Eine Pappnase in der Neuen Welt
Von Traummaschinen und Wohnmobilen. Kollektive, mobile und labyrinthische Architekturmodelle
SEX IST NATÜRLICH ELEMENTAR – INTERVIEWS III
Die Falschheit der Welt. The Make-up im Interview
»Wir erkennen die Tabus nicht an«. Lee Ranaldo im Gespräch
BESCHÄDIGTE PROVINZ – SEX UND GEWALT
Zwischen Katholizismus und Gesellschaftskritik. Der Splatterfilm als moralische Anstalt
Beschädigte Provinz. Die Filme des Harmony Korine
For your pleasure. Fragmente einer Porno-Komparatistik
Rendezvous mit einem Vampir. Außenseiter, freizügige Teenager und sexuelle Normabweichler im Horrorfilm
Das Sexualverbrechen in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die 1920er- und 1930er-Jahre
SELBST DIE EXTREME SIND LANGWEILIG – INTERVIEWS IV
»Der Krieg ist noch lange nicht vorbei«. Lydia Lunch in Mainz
Ein Leben nach den Sex Pistols … Ein Treffen mit Glen Matlock
DIE SPRECHWEISEN DER POPKULTUR – WISSEN UND VERMITTLUNG
Das Gerangel um den ›richtigen‹ Pop
Von der Avantgarde zur Selbstreferentialität. Umbrüche in der Kunst auf dem Weg ins 21. Jahrhundert
Die Sprechweisen der Popkultur. Zum Problem der Vermittelbarkeit
Wissen um der Lust willen. Deleuze und die Pop-Intellektuellen
Stuhl im Orbit. Pop, das Irrationale und die Neoromantik
Broken Piano. Zur Stellung von Fluxus innerhalb der Neuen Musik
Avantgardistische Aspekte der Popkultur
Jenseits der Geschlechtergrenzen. Geschlechterverhältnisse in der Punk- und Hardcoreszene
SEKT IST OPER, WEIN IST NEUE MUSIK – INTERVIEWS V
Die einzig legitime Form des Terrors. Martin Büsser im Gespräch mit Georg Paul Thomann über Punk, Postmoderne und den Kunstbetrieb