Turbofolk
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Broschur
144 Seiten
2017
14,00 €(D)
ISBN ISBN 978-3-95575-073

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Turbofolk

Soundtrack zum Zerfall Jugoslawiens

Sonja Vogel

»Sound des Krieges«, »Porno-Nationalismus«, »Turbo-Faschismus«, »Sirenen des serbischen Nationalismus« – es gibt viele drastische Umschreibungen für den Turbofolk.

Trotzdem war das Musikgenre in den 1990er-Jahren beispiellos populär in Serbien, aber auch in den anderen ex-jugoslawischen Staaten. Kein Fernsehsender und kein Cafe, das nicht die mit harten Beats und Keyboard aufgemotzte Folkmusik spielte.

Während der Bürgerkriege füllte der Turbofolk eine Leerstelle, die durch den Staatszerfall in der Unterhaltungsindustrie entstanden war. Die Glitzerwelt der mit Statussymbolen behangenen neuen Estrada tröstete die Menschen über Sanktionen und Inflation hinweg. So entstanden Superstars dieser neuen Popkultur wie Ceca. Aber Ceca ist nicht nur Sängerin, sondern auch die Witwe des Kriegsverbrechers Arkan. In ihrer Ehe versöhnten sich Nationalismus und Popkultur. Und so gab es Akkordeon statt E-Gitarre, Patriarchat statt Emanzipation, Nationalismus statt Jugoslawismus.

Der Triumph des Turbofolks wurde auch als Verlust einer offenen Gesellschaft und Popkultur wahrgenommen, als Sargnagel Jugoslawiens. Bis heute schwingen die großen Identitätsfragen mit, wenn über diese Musik gesprochen wird: Es geht um den Balkan und Europa, Pop-und Hochkultur, Ethnie und Nation, Geschlechterrollen etc.

Der Weg des Turbofolks aus einer ursprünglich gesamtjugoslawischen Volksmusik hin zu einer Kultur des nationalen Mainstreams legt häufig übersehene gesellschaftliche Prozesse bloß, die Nationalisierung und Bürgerkriege begleiteten.

Eine Playlist zum Buch hat Sonja Vogel unter folgender Adresse zusammengestellt: http://www.youtube.com/playlist?list=PLKkwuQVM9HiD0j4uo2wsZt_d6sc_mpGvI

Inhaltsverzeichnis

Vermählung von Nationalismus und Pop

1970er:
FOLKMUSIK – NACHKRIEGS­GESELL­SCHAFT – ­PROJEKT JUGOSLAWIEN
– Das neue Jugoslawien und seine Musik


1980er:
NEUKOMPONIERTE VOLKSMUSIK – KRISE – ­JUGOSLAWIEN NACH TITO
– Neukomponierte Volksmusik: der ungeliebte Mainstream
– LEPA BRENA
– Die neue jugoslawische Frau
– Brena nacionale
– Krise und Krieg


1990er:
TURBOFOLK – KRIEG – SERBIEN
– Tabula Rasa: die Verengung der Gesellschaft
– Die Entstehung einer serbischen Massenkultur
– Die Entdeckung des Turbofolks
– Turbofolk als Eskapismus
– Retraditionalisierung der Geschlechterordnung
– Das Bild der Frau
– Die Frau im Text
– Die Ambivalenz des Frauenbildes
– Die Verkörperung der Nation
– Das Bild des Mannes
– Der Mann im Text
– Die Subkultur der Straße
– CECA
– Frauenfiguren in Cecas Texten
– Ceca nacionale
– Ceca und Arkan: Ein serbisches Märchen
– Ceca und der serbische Nationalismus
– 1995, 1999: Der Bruch und die Versöhnung mit dem ­Turbofolk

2000er:
QUEER AS TURBOFOLK – DEMOKRATISIERUNG – SERBIEN NACH 2000
– Serbien nach Milošević
– Der neue Turbofolk
– Neue alte Geschlechterordnung
– Das Spiel mit der Geschlechterhierarchie
– Subversiv oder affirmativ? Übertreibungen
– Jelena Karleuša
– Die Hysterikerin im Patriarchat

TURBOFOLK ALS ­PLATZHALTER FÜR NICHT ­GEFÜHRTE ­DEBATTEN
– Exkurs: Turbofolk als Marker für Andersheit: Der Fall »Štikla/Absatz« in Kroatien
– Turbofolk als Mediator
– Turbofolk sind die Anderen
– Turbofolk als Beitrag zur Globalisierung
– Drei Frauen, drei Jahrzehnte Turbofolk

– Kurze Geschichte Jugoslawiens (1945 bis 1991) und Serbiens (1991 bis heute) 
– Namensglossar

Retromania
Tropicalia Passagen
RUSTIKAL – RADIKAL