An einem Tag für rote Schuhe
Leseprobe

Hardcover
368 Seiten
16,90 €(D)
ISBN 978-3-95575-015-2

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An einem Tag für rote Schuhe

Roman

Kersty Grether

Auch im Nachfolgeroman zu ihrem Debüterfolg »Zuckerbabys« erweist sich Kerstin Grether als Meisterin des Tabubruchs mit poetischem Nachhall. »An einem Tag für rote Schuhe« ist raffinierte, spannende Erzählung und leuchtendes Manifest in einem!

Die Harmonielehre hat Clarissa, besser bekannt als Lilly Vegas, kein Glück gebracht: Die Sängerin des Electro-Swing-Duos Café Prag ist aus heiterem, nur ganz leicht bewölktem Himmel von ihrer großen Liebe Ivor verlassen worden. Mit ihm verlor die in Berlin lebende Deutsch-Britin auch den letzten musikalischen Verbündeten. Es ist ein langer Winter, und es ist noch nicht mal Weihnachten, da nimmt das Drama seinen Lauf: Lilly sieht Gespenster, aber da sind auch wirklich welche! »Der Pfau« zum Beispiel, einflussreicher Radiomoderator und bester Freund ihres Duo-Partners Marco. Es bereitet ihm ein diebisches Vergnügen, Lilly auf die Rollen »charakterlose Sängerin« und »Schlampe« zu reduzieren.

Seltsame Dinge passieren in dieser langen Nacht der Boheme … bis Lilly von ihren eigenen Leuten aus dem Tonstudio vertrieben wird. Und so verbünden sich die schillernden Psychopath(inn)en aus Berlins Musikszene in Lillys Kopf mit allen Gewaltgestalten aus ihrem früheren Leben zu einer swingenden Mondschein­psychose – die nur deshalb noch tanzbar ist, weil Lilly die Bekanntschaft mit einem anderen furchtlosen Doppel macht: mit den Zwillingen Jasmina und Candice. Jasmina betreibt den politisch engagierten Blog »Shameless Birds« und organisiert Demos. Ihr Dasein speist sich aus Schlafentzug, Schreibsucht und Grüntee. Es ist ihr anscheinend egal, dass sie ständig auf dem Schulhof gemobbt wird. Das Gothic-Punk-Girl ist dennoch bestens informiert über die gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse, die sie als Rape Culture bezeichnet. Und das Duo Lilly und Jasmina legt nun richtig los ... denn an einem Tag für rote Schuhe darf man sich nicht verstecken!

Kerstin Grethers Buch ist sowohl ein melancholisches Wintermärchen als auch ein Aufruf zur Revolte! Ein atmosphärisch dichter, psychologisch feinsinniger Roman; eine lyrisch-überdrehte Feier von Freundschaft, Rock’n’Roll, Queerness, Mut, Zusammenhalt und Exzentrik. »An einem Tag für rote Schuhe« ist leuchtendes Manifest gegen die allgegenwärtige Rape Culture. Und erkennt die Zeichen des Bösen in einer auf Mobbing aufgebauten Gesellschaft. Wie nebenbei wird das Musikgeschäft beschrieben. Schlagfertig, humorvoll und in starken Dialogen. Wie es seine weiblichen Genies auflaufen lässt, sie in den Wahnsinn treibt und mit Gewalt an tradierten Geschlechternormen festhält.

»An einem Tag für rote Schuhe« ist wieder ein Gegenwarts-und Gesellschafts-Roman geworden, du darfst auch Pop-Literatur dazu sagen.

Mit einem Cover und Innenillustrationen von Felix Reidenbach

Die Presse

Zu Kerstin Grether:

»Was ich an Kerstin Grethers Sprache liebe, ist, dass sie gleichzeitig kristallklar und märchenhaft ist.«
– Stevie Schmiedel, Pinkstinks

»Die spezifische Spannung zwischen Inszenierung und Inszenierenden als das eigentliche Terrain der Pop-Kritik auszumachen, gehört zu einer Kunst, die nur wenige so beherrschen wie Kerstin Grether. Auf beiden Seiten wird echtes Leben investiert in etwas, das strahlend künstlich ist. Grether beklagt dabei nicht nur die Verluste und kritisiert nicht nur die Verhältnisse, sie feiert auch die Triumphe.«
– Diedrich Diederichsen, Frankfurter Rundschau

»Kerstin Grether besitzt das coole ­Wissen und gibt nicht damit an.«
– Christina Mohr, satt.org, Literatur­magazin

Leseprobe

Gekickt von dieser selbst gestellten Aufgabe wie von einer seltenen Kampfsportart, nahm ich plötzlich das Mädchen wahr, das trotz eisiger Minusgrade auf dem Gehsteig herumlungerte und sich eine Zigarette drehte. Nur mit einer Nylonstrumpfhose an den Beinen! Vielleicht wäre ich an einem anderen Tag einfach weitergelaufen. Aber berauscht von einer hitzköpfigen Sehnsucht in meinem Herzen und auch von dem gieri­ gen hellroten Leuchten der Lederstiefel, die wie ein Feuer um meine Beine tobten, wandte ich ihr den Blick zu, während das Wintersonnenlicht frech dazwischenblitzte wie eine erste Hoffnung.
Was für eine Verrückte, dachte ich und musste dabei über mich selbst lachen. Welches Recht hatte ich denn, jemanden als »verrückt« zu bezeich­ nen? »Verrückt« war doch das Wort, das ich sonst immer zu hören bekam, ja, verrückt war der am meisten verwendete Suchbegriff in Zusammen­ hang mit mir. Nur Lady Gaga wurde noch öfter »verrückt« genannt. Ich starrte ihr direkt ins Gesicht. Grüne Augen schauten rot betrübt in die Ferne, durch mich hindurch.
»Alles okay?«, fragte ich.
»Nee, alles scheiße«, sagte sie.

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